Manchmal werden wir als politische Hochschulgruppe kritisiert: Wir würden uns nicht genug auf die Uni Köln fokussieren und nur Themen bearbeiten, die nicht direkt etwas mit dem Rektor, der Raumknappheit und der Überbelegung in Veranstaltungen zu tun haben. Und ja, wir sprechen als Hochschulgruppe tatsächlich über viele „größere“ Themen. Hier ein paar Gründe, warum wir das tun:
1.: Weil es eben doch oft die Uni betrifft
Es ist nicht immer direkt ersichtlich, aber eigentlich betrifft vieles, was in der Landes- oder Bundespolitik diskutiert wird, auch die Studierenden an den Universitäten. Ein ganz aktuelles Beispiel sind die Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen. Einige von ihnen haben auch in ihrer Heimat studiert, dürfen ihr Studium aber hier nicht fortsetzen, weil sie in der Hast der Flucht ihre Dokumente zurücklassen mussten. Welche Lösungen kann man für sie finden, damit sie weiter studieren können? Ein ganz anderes Thema sind die Kita-Streiks, die die Republik bis zuletzt in Schach gehalten haben. Was machen denn Studierende mit Kind, wenn auf einmal die Betreuungsmöglichkeiten wegbrechen? – Auch hier ist also durchaus ein Zusammenhang gegeben.
2.: Weil man Hochschulpolitik nicht ohne den Blick über den Zaun betreiben kann
Universitäten gibt’s halt nicht nur in Köln, und auch nicht nur in NRW. Vieles, was die Bildungspolitik betrifft, kommt nicht nur bei uns an der Uni Köln an, sondern an einigen oder sogar allen Hochschulen im ganzen Land oder Bund. Die LPO 2003 läuft beispielsweise aus, sodass viele Lehramts-Studierende von Exmatrikulationen bedroht waren und sind. Das Problem nur an der Uni Köln anzugehen, wäre viel zu kurz gedacht: In ganz NRW sind Studierende betroffen. Einzelne Proteste hätten da nicht viel gebracht. Das zeigt, wie wichtig überregionales Denken sein kann, um (auch regionale) Interessen zu vertreten.
3.: Weil wir nie wissen, wie sich HoPo-Entscheidungen auf den Rest der Welt auswirken
Einmal angenommen (gar nicht so unrealistisch, eigentlich), die KVB und Deutsche Bahn entschließen sich, zu streiken. Wir alle kommen nicht zur Universität und schimpfen, sch*** Deutsche Bahn, sch*** Gewerkschaften. Moment mal, Gewerkschaften sind doch eigentlich die „Guten“ , die sich um Arbeitnehmerrechte von abhängig Beschäftigten kümmern. Wenn sich nun Studis nur mit Studis solidarisieren und keinen Gedanken an den Rest der Gesellschaft verschwenden würden, hätten wir den Salat: Gewerkschaften und damit die Interessensvertretungen der Arbeitnehmer*inenn würden sukzessive den Rückhalt in unserer Wahrnehmung verlieren. Das möchten wir nicht zulassen und wirken daher darauf hin, dass der Weitblick bei Themen wie diesem gewahrt bleibt.
4.: Weil wir nie wissen, wie sich der Rest der Welt auf die Uni auswirkt
Wie lange dauert es wohl, bis sich Rassismus an Hochschulen durchfrisst, wenn man erst dann auf ihn reagiert, wenn Fremdenhass den Campus schon erreicht hat? Analog gilt dieses für viele weitere Probleme, beispielsweise auch die Studiengebühren, die wir 2011 glücklicherweise wieder losgeworden sind. Nichtsdestotrotz sind die Universitäten weiterhin schlecht ausfinanziert. Und diese (schlechte) Ausfinanzierung der Hochschulen wird ganz sicher nicht an der Uni Köln beschlossen – betrifft uns aber spätestens in dem Moment, in dem Studiengebühren wieder diskutiert oder sogar beschlossen werden.
5.: Um mehr zu erreichen
Auch der Wohnraum ist kein Thema, das nur Studierende betrifft. Längst nicht aller soziale Wohnraum fällt an Studierende, und trotzdem fordern wir jedes Jahr, dass mehr gebaut wird. Als Hochschulgruppe kennen wir das Problem natürlich vornehmlich aus unserer Perspektive. Auf die ganze Stadt bezogen wäre es allerdings zu kurz gegriffen, nur für uns als Studierende bezahlbaren Wohnraum einzufordern. „Stadt für alle“ trifft es da schon besser.
6.: Weil es uns interessiert
Wir können nicht durch die Welt gehen, ohne auch mal links und rechts zu gucken. Wir finden es wichtig, uns eine Meinung zu bilden – und möchten unsere Kommiliton*innen gern dazu anhalten, sich ebenfalls die Zeit dafür zu nehmen. Wie steht ihr zu TTIP? WLAN in der ganzen Stadt? Sollten wir auf Fahrräder, oder doch eher auf öffentliche Verkehrsmittel setzen?
7.: Weil es schwierig ist, ohne Kontext etwas zu bewegen
Hier sind die Fahrradwege ein gutes Beispiel. Klar, die abgeranzten Radwege an der Uni sind alt, hässlich und teilweise gefährlich. Auch die Stellplatzsituation könnte besser sein, aber das nur am Rande. Wir als Hochschulgruppe finden Fahrräder ziemlich cool und fänden es gut, Studierenden zu ermöglichen, sich mit dem Rad zur Uni zu trauen. Nur die Fahrradwege an der Uni selbst anzusprechen, würde aber einfach viel zu kurz greifen. Studis sind schließlich nicht nur an der Universität selbst unterwegs, sondern auch im restlichen Stadtgebiet, und da ist die Radwegsituation teilweise noch ätzender als an der Uni. Entsprechend muss in der ganzen Stadt etwas getan werden, damit die Stadt fahrradfreundlicher wird und sich tatsächlich mehr Studis dazu entscheiden können, mit dem Rad zum Hörsaal zu kommen.
8.: Weil es uns nicht egal sein kann, was in der Welt passiert
Wir Studierenden sind keine abgetrennte Einheit, sonden leben mitten in der Gesellschaft. Täglich begegnen wir Menschen, die nie studiert haben, es vielleicht auch gar nicht wollen, und diese Menschen stemmen oft ganz andere Herausforderungen als wir selbst. Auch wenn unsere eigenen Themen anders aussehen, dürfen wir nicht vergessen, dass wir nicht allein auf der Welt sind. Die Welt wirkt auf uns, also dürfen auch wir auf sie wirken – sei es mit Protesten gegen Krieg und Kriegsforschung an Universitäten, sei es mit Aktionen für mehr Toleranz gegenüber Minderheiten.
9.: Weil wir andere dazu animieren möchten, politisch zu sein/werden
Allein die Tatsache, dass wir über Politik und gesellschaftliche Themen sprechen, hält sie in den Köpfen lebendig. Wir finden eine lebendige Demokratie und die konsequente Diskussion über die Themen, die unsere Gesellschaft bewegen, immens wichtig. Daher möchten wir einen Teil dazu beitragen, dass die Diskussionen auch an der Universität geführt werden. Auch Studierende haben mit Sicherheit eine Meinung zum Mindestlohn oder dem Betreuungsgeld. Wer sich an der Universität für Inklusion einsetzt, wird auch später einen Blick für dieses Thema haben. Wir möchten das Interesse für Politik an der Universität wecken, damit unsere Demokratie lebendig bleiben kann.