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Redebeitrag zur Sowi-Problematik im Studierendenparlament

Unser Mitglied Christopher Kohl hat am 23.11.2016 im Studierendeparlament eine Rede bezüglich der Sowi-Problematik gehalten und sein Unmut gegenüber dem gesamten Studierendenparlament geäußert. Diese Rede wollten wir euch nicht vorenthalten.

Dieser Beitrag soll keine Wahlwerbung in dieser Abstimmung sein, sondern ist lediglich ein Beitrag einer unserer Parlamentarier*innen. Wir, die Juso HSG empfehlen allen Sowi-Studierenden sich beide Seiten an zu hören und dann zu überlegen was man eigentlich will.

Ihr könnt sie euch hier durchlesen:

Liebe Mitglieder des Studierendenparlaments, liebe Gäste,

ich bin seit dreieinhalb Jahren in der Hochschulpolitik aktiv. Eine vorgeschriebene Rede
habe ich im Studierendenparlament noch nie gehalten, selbst bei meiner Kandidatur zum
1.AStA Vorsitzenden habe ich mir lediglich Stichpunkte gemacht. In dieser Sache Abstimmung unter den SoWi Studierenden über eine eigene Fachschaft kann ich aber nicht mehr anders.

Es gibt wohl kein anderes Thema, was im Studierendenparlament derart präsent und
emotional aufgeladen ist, wie dieses. Als ich im Sommersemester 2013 in meinem ersten
Semester anfing, aktiv zu werden, war gerade die allseits bekannte Abschaffung des bis dato
gültigen sozialwissenschaftlichen Studiengangs verkündet worden. Seitdem ist dies,
abgesehen von einigen nahezu ständigen Mitgliedern dieses Parlaments, die einzige
Konstante, die sich über viele Jahre hielt. Und nichts hat die Gemüter mehr erregt.
Selbst AStA Wahlen waren im Vergleich zu Diskussionen über eine eigene SoWi Fachschaft und sonst was, ein Kindergeburtstag.

Ich bin in einer Hochschulgruppe aktiv, die seit einigen Jahren naturgemäß in einem
Dilemma steckt: wir sind seit einigen Jahren mit der einen Seite, den Unabs, im AStA,
hegen aber auch Verständnis dafür, daß über ein offensichtliches Anliegen vieler
Studierender eine Befragung, eine Abstimmung oder sonstwas durchgeführt werden sollte.
Weil wir uns aber nie zu einem Gruppenbeschluss durchringen konnten, legen wir die
Abstimmung seit Jahren in die Hände der stimmberechtigten Fraktionsmitglieder.
Demzufolge ist die Juso HSG seit Jahren die Gruppe, die das berühmte Zünglein an der
Waage sein kann und es in der Vergangenheit auch immer gewesen ist.

Wer jedoch glaubt, beide Fronten würden im Guten auf uns zukommen und um unsere
Stimmen für ihr Anliegen werben, irrt gewaltig. Ich will das anhand einiger Anekdoten
verdeutlichen: während meiner Zeit als AStA Vorsitzender, also von April 2014 bis Februar
2015, kam die HSG SoWi zu einem unserer Plena und bat uns um ihre Stimmen. Als
Gegenwind kam und man den Leuten erklärte, weshalb man sie nicht kollektiv unterstützen könne, wurde unsere Gruppe auf unserem eigenen Treffen pauschal angepöbelt, uns wurde Unabshörigkeit unterstellt und weitere Unverschämtheiten vorgeworfen. Ähnliches ereignete sich zu Beginn dieses Kalenderjahres, als das StuPa über einen Antrag in dieser Sache abstimmte und ihn mehrheitlich ablehnte. Eines unserer Fraktionsmitglieder wurde
daraufhin herausgegriffen und massiv angegangen. Es fielen ähnlich ungeheuerliche
Vorwürfe im gleichen beleidigenden Tonfall wie beim ersten Mal.

Und die andere Seite verhält sich nur unwesentlich anders. Nachdem das Ergebnis vor ein
paar Tagen verkündet wurde, ging auch hier die Post ab. Uns wurde von mehreren Leuten
unterstellt, wir hätten die Koalition verraten und uns zum Bückling der SoWis gemacht. Als
eines unserer Mitglieder vor einigen Tagen Kandidaturen für das StuPa sammelte und eine
Person gerade dabei war, zu unterschreiben, kam zufällig ein Mitglied der Unabs in den
Raum und schrie die Person an, dass sie das auf keinen Fall tun dürfe, denn die Jusos
wären jetzt Schuld daran, dass die Fachschaft WiSo durch die HSG SoWi zerstört würde
und die Unabs am Boden seien. Der Versuch einer Erwiderung ging in weiterem Gebrüll
unter, die Kandidatin verweigerte zudem ihre Unterschrift.

Und das alles nur, weil wir uns so verhalten, wie wir es schon in dieser Sache seit Jahren
tun, was zudem auch jeder weiß, der schon mal mit uns gesprochen hat. Es gilt für alle anderen Beteiligten das Motto des 20. Jahrhunderts: “Wer hat uns verraten?
Sozialdemokraten!”

Um mal zu verdeutlichen, wie absurd und unverhältnismäßig dieses ewige Theater ist,
muss man sich nur die Zahlen der Betroffenen anschauen: von insgesamt 9.443
Studierenden an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät wären meiner
Rechnung zufolge 2.234 Studierende abstimmungsberechtigt (Stand: Sommersemester
2016). Wir sprechen hier bei grob 50.000 Studierenden also über knapp 4,5 Prozent aller
Studierenden! Wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, wie unendlich viele Stunden dieses
Parlament bereits sinnlos darüber diskutierte, wird mir auch als Lehramtsstudierender
ehrlich gesagt schlecht! Warum? Weil es von meiner Sorte rund 15.000 gibt also rund sechsmal so viel, wie SoWi Studierende.

Es ging in dieser Sache noch nie um Einzelheiten oder Details, es ging immer nur um dafür
oder dagegen. Als Paula während der Debatte um den ersten Antrag in diesem Jahr
vorschlug, man könne die Befragung ganz bequem über ILIAS laufen lassen (sowohl um die
stimmberechtigten Studierenden exakt erfassen zu können, als auch aufgrund einer
wesentlich leichteren Statistikerstellung, einer zu erwartenden höheren Beteiligung usw.
usf.), gab es nur eine einzige Gruppe, die dafür gestimmt hat: die Jusos. Alle anderen waren
dagegen oder enthielten sich. Uns hat das endgültig gezeigt, und ich denke, hier spreche ich
für die gesamte Gruppe, daß es nie um die Sache, sondern ausschließlich um persönliche
Eitelkeiten und den Sieg am Ende über die andere Seite ging. Die Studierenden, deren
Vertretung beide Seiten für sich reklamieren, standen dabei eigentlich nie im Mittelpunkt,
sondern waren immer nur Staffage.

Ich will auch das mit Hilfe anekdotischer Empirie untermauern: während meiner Zeit als
AStA Vorsitzender wurde in der WiSo Fakultät beschlossen, Lehrämtler im Berufskolleg
nur noch zum Wintersemester in die jeweiligen Masterstudiengänge aufzunehmen. Im
Klartext bedeutete das: Studierende, die zum Sommer fertig werden, schmeißen ein halbes
Jahr in die Tonne, um weiterstudieren zu können. In der Engeren Fakultät der WiSo waren
damals sowohl Unabs, als auch die HSG SoWi, bzw. das Bündnis kritischer WiSos
vertreten. Wahrnehmbare studentische Aufregung um dieses Thema gab es erst, als Jonas
Thiele mich damals anrief und von einer skandalösen Entscheidung berichtete. Da war es
aber zu spät, weil die Ordnung schon dem Senat vorgelegt wurde. Dortige Proteste halfen
nicht mehr, die Ordnung wurde beschlossen. Und das ohne ein einziges Papier der
gewählten WiSo Studierenden, die in anderen Angelegenheiten immer wieder unglaublich
viel Zeit finden, um seitenlange Positionspapiere oder Anträge zu verfassen.
Ich habe weder von den Unabs, noch von der HSG SoWi damals Unterstützung bekommen.
Wenn ich das mit der Aufregung vergleiche, die dann hier um eine Befragung gemacht wird,
gerate ich teilweise immer noch aus der Fassung. Was Ihr alle an Zeit und Energie in
Stellungnahmen, Beleidigungen und Facebookdiskussionen gesteckt habt, hätte für
mindestens fünf ausführliche protestierende Stellungnahmen an die WiSo Fakultät
gereicht, die zahlreiche unerträgliche Zustände an der WiSo Fakultät
anprangern würden.

Die Lehre an der WiSo Fakultät ist beispielsweise flächendeckend katastrophal. Selbst an
der Humanwissenschaftlichen Fakultät macht man sich darüber lustig und bedauert
gleichzeitig die Studierenden. Das Prüfungsamt ist überwiegend in jeglicher Hinsicht kleingeistig, kleinteilig und ausschließlich darauf bedacht, keine Fehler zu begehen. Und nicht nur das: beispielsweise hat es jahrelang auf Bescheiden zu Maluspunkten verschwiegen, dass man innerhalb eines Jahres Widerspruch gegen diese einlegen kann aus Angst davor, dass dann eine große Antragswelle auf die Fakultät zukäme.

Was ich damit zum Ausdruck bringen will: steckt Eure Energie endlich da rein, wo es nötig
ist und vergeudet Eure Zeit nicht mit albernen Possenspielen auf Facebook. Die
Auswirkungen davon sind verheerend! Jeder normale Studierende packt sich an den Kopf
und hält alle Beteiligten für verrückt, wenn er*sie sich die dortigen Debatten durchliest!

Wie man dieses absurde Theater beendet, weiß ich nicht. Ich selbst habe in der
Vergangenheit gegen die meisten Vorschläge für eine Befragung oder Abstimmung votiert,
weil sie mir überwiegend formal nicht gefielen. Es hätte aber sowieso nichts gebracht, diese
Punkte anzusprechen, weil die Aggressivität mittlerweile unerträgliche Ausmaße
angenommen hat. Ich erinnere nur an die Sitzung im vergangenen Jahr, als ich, damals
Präsidiumsmitglied, die Sitzung aufgrund des Grades an Eskalation abbrechen und Leute
des Raumes verweisen musste.

Stimmt also jetzt einfach ab, wie ihr wollt. Aber bitte tut mir drei Gefallen: akzeptiert
Ergebnisse auch mal dann, wenn Ihr verloren habt und stellt nicht wieder haufenweise neue
Anträge, wenn Euch die alten Beschlüsse nicht gepasst haben. Vertretet endlich die
Studierenden auf eine Weise, die einer demokratischen Institution und daraus resultierenden Vertretungsansprüchen gerecht wird. Und vor allem: hört endlich mal auf,
zu jammern. Es kotzt mich nur noch an.

Dankeschön.